Das einzig Richtige, was jeder vernünftige Mensch dann tun sollte, ist den Rettungswagen zu rufen oder die Person, sofern man selbst nüchtern ist, in das nächste Krankenhaus zu bringen. Allein in Augsburg kommt das weit über 100mal im Jahr vor. Auch die Paar-Kliniken in Aichach und Friedberg kennen das Problem.
So auch der kommunale Jugendpfleger des Jugendamtes Friedberg Götz Gölitz. Er ist überzeugt, dass man mehr für die Jugendlichen tun muss als nur die medizinische Grundversorgung bis zur Ausnüchterung sicherzustellen. Sie sollten etwas aus ihrem völligen Blackout lernen können. So sprach er bei den Paarkliniken vor und regte an, das Caritas-Projekt HaLT – HaLT steht für Hart am Limit – miteinzubinden. Die Klinikleitungen und Ärzte stimmten nach einer Vorstellung des Projektes zu. Inzwischen sind auch die Ärzte geschult, so dass sie wissen, auf was sie achten müssen. Und so konnte das Projekt inzwischen in den Paarkliniken gestartet werden.
HaLT ist ein Präventionsprojekt. „Jugendliche lassen sich nicht absichtlich volllaufen“, so Tanja Brachmann von der Caritas. „Es geschieht einfach, weil sie nicht wissen, wie schnell und warum der Alkohol bei ihnen viel schneller wirkt als bei Erwachsenen.“ Mädchen wie erwachsene Frauen verarbeiten den Alkohol schlechter als Männer. Wenn Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung in den Paarkliniken zur medizinischen Versorgung eingeliefert werden. – in Augsburg geschah dies schon bei Kindern unter 14 Jahren – werden sie und ihre Eltern über das Angebot von HaLT angesprochen. Die Eltern müssen dann die Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbinden, damit die Klinik eine Mitarbeiterin des Projektes anrufen kann.
Wenn dies der Fall ist, sucht eine Mitarbeiterin die Jugendliche oder den Jugendlichen im Krankenhaus auf. Sie spricht dann mit ihnen über die Alkoholvergiftung, was sie alles getrunken haben, wie der Rausch entstand und was der Jugendliche denn meine, wie und warum er die Kontrolle über sich verloren hat. „Wir wollen aufklären, wie der Alkohol wirkt“, so Brachmann. „Und wenn wir miteinander darüber reden, was passiert ist, versteht man besser, wie es war und was man falsch gemacht hat.“ Selbstverständlich werde auch mit den Eltern gesprochen, wenn sie dies wünschen.
Brachmann, die wie ihre fünf weiteren Kolleginnen im HaLT-Team der Caritas auch Pädagogin ist, weiß aus vielen Gesprächen mit Jugendlichen, die nach einem Vollrausch im Krankenhaus aufwachten, wie wichtig dieses Gespräch ist. Allein in Augsburg werden die Pädagoginnen der Caritas in etwa 100 Fällen pro Jahr gerufen. Unwissenheit und Unachtsamkeit ist meist der Grund für die Alkoholvergiftung. Manche wollen Aufmerksamkeit auf sich ziehen, andere finden es einfach toll, dabei sein zu können. Auch der Gruppendruck führt zu manchem exzessiven Alkoholgenuss. „Wir müssen aber darüber reden“, sagt Gölitz vom Jugendamt. Und darin ist er sich einig mit den Mitarbeiterinnen des HaLT-Teams. „Das eine Mal ist es noch gut ausgegangen. Wer weiß, wie es beim nächsten Mal ausgeht?“
Infos zum HaLT-Projekt: