Ökumenische Sozialstation Oberland unterstreicht mit Jubiläumsfeier den Wert der Pflege
Peißenberg, 24.05.2024 (pca). 50 Jahre alt ist die Ökumenische Sozialstation Oberland geworden. Für die Sozialstation, ihre Gesellschafter, die Caritas und die beiden Kirchen eine besondere Gelegenheit nicht nur an die eigene Geschichte zu erinnern, sondern aufmerksam zu machen, was die Arbeit einer Sozialstation ausmacht: Professionalität, Menschlichkeit, unermüdlicher Einsatz, Engagement und die Freudejeden Tag daran, unterwegs zu Menschen sein zu können, um ihr Leben positiv zu beeinflussen und das gute ökumenische Miteinander vor Ort. Für die Landrätin des Landkreises Weilheim-Schongau, Andrea Jochner-Weiß, ist das Jubiläum deshalb aus gutem Grund "ein Meilenstein in der Geschichte unseres Landkreises, auf den wir stolz sein können. Sie sind ein unglaublicher Schatz" - und an die Mitarbeiter*innen gerichtet - "Helden des Alltags".
Gefeiert wurde mit einem ökumenischen Festgottesdienst und einem Festakt mit mehreren Redner*innen, die alle letztlich ein Ziel verfolgten: Die Gesellschaft aufzurütteln, den Pflegeberuf deutlich mehr wertzuschätzen und mit dafür Sorge zu tragen, "dass wir die Herausforderungen, die auf uns zukommen, noch wuppen können", wie es Geschäftsführerin Claudia Hörbrand auf den Punkt brachte.
Dass die Ökumenische Sozialstation Oberland die Tiefstollenhalle in Peißenberg für ihre Feier wählte, hatte symbolischen Wert. Einer der Gründungsväter, der emeritierte katholische Pfarrer Gerhard Schmid (90), erinnerte daran, dass es ihm damals mit seinem inzwischen verstorbenen evangelischen Mitbruder Rudolf Kießling letztlich nicht gelungen wäre, die Sozialstation ins Leben zu rufen und aufzubauen, ohne den "Geist der Bergarbeiter", der Stollen erst kurz davor geschlossen worden waren. "Es war der Geist der Kameradschaft der Bergarbeiter unter Jung und Alt, die so viele dazu brachte, mitanzupacken." Dankbar blickt er auf das ökumenische Miteinander zurück. Damals keine Selbstverständlichkeit, wie sich die erste Einsatzleiterin Marianne Aschober (78) erinnert. Ohne das Gebet so vieler Menschen, das gute Miteinander mit den Kommunen, den Kirchengemeinden und den Menschen vor Ort zurück, hätte er damals nicht so viel Mut verspürt, sagte Pfarrer Schmid beim Festakt. Er wünscht sich, dass der christliche Gedanke der Nächstenliebe auch künftig mit und in der Sozialstation fortleben werde.
Darauf hat auch der Augsburger Diözesan-Caritasdirektor Diakon Markus Müller in seiner Festpredigt abgehoben. Die Arbeit der Sozialstation müsse getragen werden von der "Leidenschaft der Liebe Gottes" und davon, dass "Gott will, dass das Leben gelingt". Die über die 50 Jahre auch in ihren Hilfe- und Unterstützungsangeboten gewachsene Ökumenische Sozialstation setze ein Zeichen dafür, dass jeder Mensch, ob krank, alt, unterstützungsbedürftig oder fremd ein "von Gott gesegneter Mensch" sei. Nur an eine Rendite zu denken, ob sich zum Beispiel eine Pflege auch wirtschaftlich lohne, sei nicht Gottes Weg und damit auch nicht der Weg einer christlichen Sozialstation. "Gottes Wort baut nicht auf Rendite."
Die Kernaufgabe der Sozialstation sei deshalb, so der evangelische Diakon Stefan Helm als Vertreter der Diakonie Oberland und Mitgesellschafters der Sozialstation, sich an dem zu orientieren, was die Menschen brauchen, gestern, heute und in Zukunft. "Damit das gelingt, brauchen wir die Unterstützung aller aus der Gesellschaft", so Helm. Dr. Christine Schwendner, Referatsleiterin im Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention, unterstrich Helms Appell. "Die Zahl der Pflege- und Unterstützungsbedürftigen wird weiter zunehmen". Gleichzeitig nehme der Fachkräftemangel auch in der Pflege zu. Für sie ist deshalb der "Ausbau von Beratung und der Unterstützungsstrukturen vor Ort durch ein Quartiersmanagement unerlässlich."
Für den Pflegewissenschaftler Prof. Johannes Zacher lässt sich die Kluft zwischen der wachsenden Zahl von Pflegebedürftigen und der weniger werdenden Pflegekräfte nicht einfach lösen. "Wir brauchen dafür neue Menschen", sagte er in seinem Fachvortrag. Die Mitmenschen in den Quartieren der Kommunen und Städte müssten mit eingebunden werden - auch durch kleine Alltagshilfen. Er sieht deshalb die Kommunen in der Pflicht, gemeinsam mit Sozialstationen die Vernetzung in de Quartieren voranzutreiben. "Wir brauchen die vielen kleinen Hände, um bei wachsendem Pflegebedarf die gute Pflege zu retten."
Für Prof. Zacher ist dabei klar: "Pflege ist und bleibt Aufgabe für Menschen. Technik und Robotik können nur unterstützen." Peter Erhard, Bürgermeister von Böbingen, und Peter Ostenrieder, Bürgermeister von Peiting, appellierten deshalb in der Fragerunde mit Bürgermeister*innen aus dem Landkreis, "endlich Schluss damit zu machen, den Pflegeberuf schlecht zu reden. "Der Pflegeberuf ist der wichtigste Beruf und eine echte Berufung für die Gegenwart wie auch für unsere Zukunft", so Erhard. "Es muss selbstverständlich sein, dass wir unseren Hut vor einer Pflegekraft genauso ziehen wie vor einem Studierten."