Er war vom Akademischen Forum zu einem Studiennachmittag ins Haus St. Ulrich, Augsburg, eingeladen worden. Der Diözesancaritasverband der Diözese Augsburg war einer der Kooperationspartner dieser Veranstaltung.
Als das Einzigartige am Christentum hob Michael N. Ebertz hervor: "Es verkündet einen Gott, der sich selbst stigmatisiert." Das Christentum sei nicht zu trennen von der Verwurzelung in der Person und in der Praxis Jesu. Jesus Christus zeige sich als der, der sich mit den Ärmsten der Armen identifiziert, der sich freiwillig erniedrigt und sich mit allen Menschen gleich gemacht hat und der schließlich wie ein Verbrecher und Sklave gekreuzigt wurde. "Wir erleben hier einen Gott, der herunter steigt zu den Menschen, eine Bewegung von oben nach unten", so Ebertz.
Schon von den Anfängen seines Wirkens an habe Jesus Christus herausgefordert: "Er war kein Jesus, der herumspaziert und ein bisschen segnet", meinte der Religionssoziologe überspitzt, um auf den "Lebensernst" von Jesu Wirken hinzuweisen. Durch seine "Selbststigmatisierung" - so der soziologische Fachbegriff - habe Jesus Konflikte und Spannungen ausgelöst. Er sei "kein Harmloser" gewesen. Er habe sich mit den Outsidern, den Sündern und Zöllnern umgeben. Indem er "Vater und Mutter" und die Dorfgemeinschaft verlassen habe, habe er gegen überkommenen Ordnungen rebelliert. Und er habe "die Letzten zu den Ersten" aufgewertet".
Dieser Gegenentwurf Jesus stelle bis heute eine große Herausforderung dar. "Das Christentum ist noch nicht durch", ist Michael N. Ebertz überzeugt. Wer es ernst nehme, müsse sich wie Jesus der "Allerletzten" annehmen - der Kranken, der Behinderten, der schuldig gewordenen. "Das Christliche ist nicht primär eine Kult-, sondern eine Caritasreligion", so Ebertz. So wie es bereits heute etwa durch die Caritas geschehe, müsse man sich solidarisieren mit den Schwachen, sei es den Suchtkranken, sei es den Pflegebedürftigen. "Der Andere will besucht, genährt und gekleidet werden" wies Ebertz auf Jesu Forderung aus seiner Rede zum Weltgericht aus dem Matthäusevangelium hin. "Das göttliche Gesicht blickt alle Menschen an, alle, alle - die körperlich und sozial Leidenden, auch die Nichtchristen."
Die Einheit von Gottes-und Nächstenliebe sieht Ebertz als Wesenskern der Jesuanischen Religion an. Ebertz: "Daran werden wir gemessen: Wie haben wir diese Liebe gelebt?"